BamX! Pavillon, EPFL Lausanne, 2022

Computerbasierter Entwurf einer Bambusstruktur

Dauer: 3:21 min | © ITKE, University of Stuttgart | Quelle: Vimeo

Fotos von ITKE, Universität Stuttgart und EPFL, Lausanne

BamX! Pavillon

Geometric Computing Laboratory, Alison Martin, Institute of Building Structures and Structural Design, Laboratory for Creative Computation

BamX! ist eine computergestützte Bambusstruktur. Rohe Bambuslamellen werden zu entfaltbaren zylindrischen Elementen verbunden, die für Transport und Lagerung stark verdichtet werden können. Diese Zylinder werden dann nahtlos an sorgfältig optimierten gewebten Knotenpunkten zusammengefügt, wodurch ein biegeaktiver struktureller Rahmen entsteht, der stark und gleichzeitig extrem leicht ist. Das Ergebnis ist ein durchgehendes Netzwerk geometrischer Kurven, die einen durchlässigen Innenraum abgrenzen. BamX! ist ein Beispiel dafür, wie eine Symbiose aus raffiniertem Webhandwerk und fortschrittlicher Computermodellierung faszinierende neue Möglichkeiten für nachhaltiges Design in der Architektur eröffnet.

Bambus

Bambus ist eine der am schnellsten wachsenden Pflanzen der Welt und bietet einzigartige Möglichkeiten für nachhaltiges Design. Mit seinem hohen Verhältnis von Festigkeit zu Gewicht wird Bambus seit Jahrhunderten für architektonische Konstruktionen verwendet. Unsere Forschung soll aufzeigen, wie eine Kombination aus traditionellem Flechthandwerk und fortschrittlicher algorithmischer Designoptimierung neue strukturelle Formen aus diesem faszinierenden Naturmaterial ermöglicht.
Alle Bambusstangen, die für die Konstruktion von BamX! verwendet wurden, sind im Garten von Alison Martin (siehe Bild oben) natürlich gewachsen und geerntet worden. Es wurden keine Düngemittel, Pestizide oder andere Chemikalien verwendet. Der Bambus von BamX! wird in seiner rohen, natürlichen Form verwendet, ohne jegliche chemische oder sonstige Behandlung.

X-Schalen

X-Shells sind ein neues strukturelles System für entfaltbare Gitterschalen, das kürzlich am Geometric Computing Laboratory der EPFL entwickelt wurde. Basierend auf einem Scherenmechanismus ist eine X-Shell so konzipiert, dass sie sich von einem einfachen, kompakten Zustand zu einer sorgfältig kontrollierten 3D-Zielform entfalten kann. Schlanke Balkenelemente biegen und verdrehen sich in der Verbindung, um einen statischen Gleichgewichtszustand anzunehmen, der die inneren Spannungen minimiert. Physikbasierte Simulationen und fortschrittliche numerische Optimierungen erleichtern die Konstruktion komplizierter Freiformflächen, die ohne Unterstützung oder Gerüst entfaltet werden können.
Diese Berechnungswerkzeuge wurden für homogene und isotrope Materialien entwickelt, die ein vorhersehbares mechanisches Verhalten aufweisen. Roher Bambus ist jedoch als natürlich gewachsenes, sehr inhomogenes und anisotropes Material in der numerischen Optimierung schwer zu modellieren. Um diese Herausforderung zu meistern, stützen wir uns auf die Geometrie als die universelle Sprache der Form. Konkret untersuchen wir eine neue Klasse von entfaltbaren zylindrischen Strukturen, die an gewebten Knotenpunkten zu stabilen und dennoch leichten Strukturen verbunden werden können.

Geometrie

Die Form des BamX!-Pavillons bildet einen Teil eines abgestumpften Ikosaeders nach, eines hochsymmetrischen archimedischen Körpers. Der endgültige Entwurf besteht aus 36 entfaltbaren Zylindern, die an 21 gewebten Knotenpunkten miteinander verbunden sind und so eine Anordnung von Fünf- und Sechsecken bilden. Die Mischung verschiedener polygonaler Elemente in der Struktur bricht die Symmetrie lokal auf und erfordert eine sorgfältige Optimierung der Knoten, um die verschiedenen Winkel, in denen die Zylinder am Knoten zusammenlaufen, zu berücksichtigen.

Weben

Das Korbflechten ist ein traditionelles Handwerk, das in vielen Kulturen der Welt weit verbreitet ist. Das Verflechten dünner, flexibler Bänder in sorgfältig angeordneten Mustern ermöglicht die Schaffung einer Vielzahl dreidimensionaler Formen. Die Form eines gewebten Objekts ergibt sich aus der Topologie der Bänder und dem Gleichgewicht zwischen Biegung und Verdrehung der Bänder. Aufbauend auf den umfangreichen Erfahrungen und Forschungen der Flechtkünstlerin Alison Martin erweitern wir Konzepte aus dem traditionellen Handwerk des Korbflechtens, indem wir neue Topologien erforschen und das physikalische Verhalten der Bambusbänder sorgfältig simulieren. Unsere vorausschauenden Simulationen ermöglichen es uns, das Bandmuster zu optimieren, um die gewünschte gewebte Form zu erreichen und gleichzeitig die mechanische Belastung der Bänder zu minimieren.

Optimierung

Der BamX!-Pavillon besteht aus zylindrischen, entfaltbaren X-Schalen, die sich an gewebten Knotenverbindungen treffen und ein global gekoppeltes, biegeaktives System bilden. Um die optimale Topologie und Geometrie des Pavillons zu finden, setzen wir fortschrittliche numerische Optimierungsverfahren ein, die eine physikalisch basierte Simulation des Biege- und Verdrehverhaltens der Bambusbänder einbeziehen. Ziel ist es, die optimalen Kreuzungspunkte der Bänder zu finden, so dass sich alle externen und internen Kräfte in einem globalen Gleichgewicht befinden, während die mechanische Belastung der einzelnen Bänder minimiert wird.

Analyse

Die Methode zur Integration von Strukturinformationen in die Entwurfsschleife umfasst die Materialbewertung und -charakterisierung, die Charakterisierung des Struktursystems und die mehrskalige Strukturanalyse. Die mehrskalige Kalibrierung spielt eine wichtige Rolle für das strukturelle Verständnis des Projekts, insbesondere bei der Verwendung natürlich gewachsener Materialien und innovativer Methoden zur Stabilisierung der globalen Geometrie durch ineinandergreifende Muster. Kalibrierungen werden auf der Bauteilskala und der Bandskala durchgeführt. Physikalische Tests am Zylinderprototyp liefern Informationen für das globale Design mit einer akkumulierten Steifigkeit der Komponenten. Diese Daten vereinfachen die anfängliche FE-Analyse zu einem Modell, das die Streben repräsentiert, und ermöglichen schnelle Iterationen der globalen Topologie. Sobald die Optimierung der globalen Topologie abgeschlossen ist, ermöglichen die charakterisierten mechanischen Eigenschaften von Materialproben eine anspruchsvollere Simulation der detaillierten gewebten Geometrie.

Entwurf, Bautechnik und Herstellung

Geometric Computing Laboratory, EPFL
Filip Goc, Florin Isvoranu, Prof. Dr. Mark Pauly, Dr. Davide Pellis, Samara Ren, Dr. Seiichi Suzuki
Students: Ruben Bento, Antoine Brunner, Guillaume Hueber, Alix Magnaguémabé, Christian Meier, Sepehr Mousavi, Maximilian Paulsen, Xinran Tao, Sixiao Xu
Volunteers: James Pauly, Hannah Pauly

Weaver, Independent Researcher
Alison Martin 

ITKE Institute of Building Structures and Structural Design, University of Stuttgart
Tzu-Ying Chen, Yanan Guo, Marta Gil Pérez, Prof. Dr. Jan Knippers

Laboratory for Creative Computation, EPFL
Eric Duong, Maxence Grangeot, Prof. Dr. Stefana Parascho, Ian Ting

 

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